Liebe Mitglieder der Astrologischen Gesellschaft Zürich, liebe Freunde! 

Im vergangenen Newsletter haben wir uns ausführlich mit der aktuellen Venus/Mars-Konjunktion beschäftigt, sowohl was sie für den persönlichen, wie für den globalen Bereich bedeuten könnte. Wir haben dabei unsere Hoffnung Ausdruck verliehen, dass die Venus am Ende die Oberhand über den Mars behält, so wie es in der Mythologie und der darstellenden Kunst häufig der Fall ist. Die aktuelle Entwicklung in der Ukraine scheint diese optimistische Einschätzung Lügen zu strafen. Bevor wir darauf näher eingehen, wollen die aktuellen kosmischen Konstellationen unter dem Aspekt analysieren, was sie mit Blick auf den Ukraine-Konflikt verraten.

Die aktuellen Ereignisse nötigen gerade dazu, sich das Horoskop der Ukraine mit den aktuellen Konstellationen näher anzuschauen. Dazu benutze ich das Horoskop der Unabhängigkeitserklärung vom 24. August 1991 um 18.00 Uhr in Kiew. Alle anderen, bis ins frühe Mittelalter zurückreichenden Souveränitätserklärungen ukrainischer, aber auch russischer Fürsten, etwa des Kiewer Rus zwischen dem frühen 9. und 13. Jahrhundert, erscheinen mir für die heutige Entwicklung nicht relevant, auch wenn sie für das kollektive nationale Empfinden wichtig sind. 

Horoskop der Unabhängigkeitserklärung vom 24. August 1991 um 18.00 Uhr in Kiew mit aktuellen Solar 2021 (Quelle: Astrodienst)

Sowohl beim Horoskop der jungen Ukraine, die aus dem Zerfall der Sowjetunion entstanden ist, als auch bei den aktuellen Konstellationen, fällt sofort eines ins Auge: Die außergewöhnlich große Zahl rückläufiger Planeten. Im Gründungshoroskop sind Merkur, Venus, Saturn, Uranus und Neptun rückläufig, im aktuellen Solarhoroskop alle überpersönlichen Planeten von Jupiter bis Pluto, einschließlich Chiron. Auch der Steinbock-AC im Radix-Horoskop deutet auf ernste Themen und grosse Verantwortung hin, die nicht so leicht abgeschüttelt werden kann.

Das alles zeigt ein schweres historisches Erbe, das die Ukraine nicht so einfach abschütteln kann. Auch der absteigende Mondknoten des Solars am Radix-MC zeigt die Schwere und die Bedeutung der Vergangenheit, die aktuell wieder öffentlich zu Tage tritt.

Horoskop der Unabhängigkeitserklärung vom 24. August 1991 um 18.00 Uhr in Kiew (Quelle: Astrodienst) mit Transiten des russischen Einmarsches vom 24. Februar 2022, 04.50 Uhr, Kiew

Die russisch-ukrainische Geschichte ist in der Tat auf eine ganz andere Art miteinander verknüpft, als etwa die russisch-baltische Geschichte. Das ist zwar keine Legitimation für einen Überfall, hätte aber für den Westen Grund sein sollen, auf russische Befindlichkeiten im Umgang mit der Ukraine Rücksicht zu nehmen. Insofern haben beide Machtblöcke ihren Anteil an der Eskalation, die auf dem Rücken der ukrainischen Zivilbevölkerung ausgetragen wird. Doch hier geht es nicht um politische, sondern um astrologisch Einschätzungen. Ein Gegenpol zu den starken rückläufigen Energien bildet der Mond im Wassermann und im ersten Haus befindet. Der Wassermann schaut nach vorne, will eigene Wege gehen und historische Altlasten abschütteln. Diese Kontroverse wird die Ukraine noch lange begleiten. Man könnte in den rückläufigen Planeten die historische und kulturelle Verbindung mit Russland sehen und im Wassermann-Mond die Hinwendung nach Westen, nach Europa. Da der Mond in der Mundanastrologie das Volk repräsentiert, zeigt sich hier eine starke Hinwendung zum Westen innerhalb der Bevölkerung, die Russland zwar schmerzen mag, aber akzeptiert werden muss, wenn das Selbstbestimmungsrecht ernst genommen wird.

Darüber hinaus dokumentiert der Pluto am Radix-MC, dass die Welt in besonderer Weise die plutonischen Themen der Ukraine wahrnimmt und Anteil daran nimmt: Tiefgreifende Veränderungen, Umstürze und Gewalt. Mit Pluto am MC geht es nicht harmlos und friedlich zu. Immerhin bildet er ein günstiges Sextil zum AC, Neptun und dem aufsteigenden Mondknoten, die sich dort befinden. Dies lässt hoffen, dass die Gewalt nicht das letzte Wort hat. Allerdings zeigt der Neptun am AC auch die Bereitschaft zur Illusion, zur Täuschung und Selbsttäuschung. Es würde helfen, wenn den Verantwortlichen in der Ukraine diese Konstellation und daraus resultierenden Gefahren bewusst wäre.

Die Löwe-Betonung mit einer Merkur/Venus/Jupiter-Konjunktion zeigt einen selbstbewussten jungen Staat, jedoch ist diese Energie im aktuellen Solar überhaupt nicht betont. Betont ist dagegen die Jungfrau-Energie, im Radix mit der Sonne und dem Mars, die sich auch im Solar wiederfinden, ergänzt durch den Merkur. Das macht Hoffnung, denn die Jungfrau steht nicht zuletzt für pragmatische Lösungen. Sie kann aus allem etwas machen, selbst aus Situationen, die nicht gerade besonders perspektivreich erscheinen.

Schliesslich noch der Blick auf das Solar 2021. Der AC steht in den Zwillingen, der MC auf dem Radix-Mond. Das Schicksal des ukrainischen Volkes ist ein öffentliches Schicksal. Das ist von Vorteil, denn die Öffentlichkeit ist eine starke Macht. Konflikte, die keinerlei Aufmerksamkeit genießen – etwa die tragische Situation in Myanmar nach dem Militärputsch vor einem Jahr – zwingen auch niemanden, auf eine Lösung hinzuarbeiten. Diese Lösung wird nicht einfach sein für die Ukrainer, denn der Solar-Pluto steht genau auf dem aufsteigenden Mondknoten im Radix. Es geht also nicht ohne Wunden und tiefe Einschnitte.

Der Blick auf die aktuellen Transite zur Zeit des russischen Einmarsches zeigt eine auffällig starke Betonung des ersten Radix-Hauses. Mit Saturn, der auf den Radix-Mond zuläuft, hat das Volk weiterhin mit einigen Entbehrungen zu rechnen. Es ist ein dreifacher Übergang, der am 10. April zum ersten Mal gradgenau stattfindet. Am 1. August überquert Saturn den Mond in seiner rückläufigen Bewegung und am 6. Januar 2023 erneut ihm Direktdurchlauf. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfte es keine wirklich durchgreifenden Verbesserungen geben. Es wird ein langsamer, zäher Weg zurück zur Normalität.

Dazu noch ein letzter Blick auf das kommende Solar für 2022. Dort zeigt sich ein sehr früher Jungfrau-AC auf der Sonne. Das macht Hoffnung, dass dieser Weg, auch wenn mühsam ist, pragmatisch gegangen werden kann und nicht Ideologen seine Richtung bestimmen. Zudem sind nicht mehr ganz so viele Planeten rückläufig, vor allem der einflussreiche Uranus befindet sich im Vorwärtsgang.

Wie geht es kosmisch weiter? Die nächsten Tage sind die kritischsten. Am 3. März bilden zunächst der Mars und dann die Venus eine Konjunktion mit Pluto, was eine kurzfristige Eskalation der Gewalt bedeuten kann. Eine Wende zum Besseren sollte bereits ab dem 5./6. März möglich sein, wenn beide den Steinbock verlassen und in den Wassermann transitieren, der, wie oben beschrieben, eine wichtige Rolle im Radix der ukrainischen Staatsgründung bildet. Dann sind neue Perspektiven für eine selbstbestimmte Lösung möglich, die – wie immer, wenn der Wassermann oder der Uranus im Spiel sind – im Vorfeld schwer prognostiziert werden können. Immerhin zieht die Venus dann am Mars vorbei, der in den letzten drei Wochen der Konjunktion zumeist das Tempo vorgegeben hat, wie wir in Eskalation der Ereignisse gesehen haben. Am 5. März findet ausserdem eine Sonne/Jupiter-Konjunktion statt, eine wunderbare Konstellation für neue Perspektiven und neue Horizonte.

Uranus kommt in Mitte März ins Spiel, denn vom 18. bis 21. März stehen Venus und Mars zu ihm im Quadrat. Um das Neue muss gerungen werden, es wird den Konfliktparteien nicht geschenkt.

Damit endet das geokosmischen Zeitfenster vom 16. Februar bis zum 21. März, das eines der intensivsten des ganzen Jahres ist.

Ein Blick darüber hinaus verweist auf den 12. April, wenn Jupiter eine Konjunktion mit Neptun bildet, was zweifellos eine gute Voraussetzungen für langfristige Schritte zu Versöhnung und Frieden sein kann. 

Klemens Ludwig, Tübingen